Das Land der Vollidioten


Das Lied wurde lange vor der Zeit geschrieben, als in Deutschland je eine Zeitung über die Band berichtet hätte. Die Interpretation dieses Lied kann natürlich unterschiedlich ausfallen und bekommt ganz offensichtlich in Deutschland sehr schnell einen negativen Beigeschmack.

Die Beziehung zwischen Südtirol und Italien ist und bleibt (auch wenn das so mancher Politiker nicht gerne hört) angespannt. Das liegt in der Natur der Dinge als Minderheit in Italien. Man sieht dies auch in Katalonien und Schottland, in extremer Form auch bei den Basken, ja auch in Belgien gibt es diese Unabhängigkeitsbestrebungen, und es finden sich auch genügend Bayern, die sich mit dieser Idee anfreunden können.

Südtiroler sind in dieser Hinsicht geteilt. Manche glauben, die Autonomie sei die beste Lösung, andere bevorzugen die Wiederangliederung an Österreich, andere träumen von einem eigenständigen Staat. Prozentsätze zu den Einstellungen gibt es keine. Allerdings sind Referenden diesbezüglich geplant. Hier unterscheiden sich auch die Geister bezüglich des Songs, ob es nun nationalistisch sei oder nur patriotisch (auch in Südtirol). Klar ist zu erkennen, dass frei.wild mit der jetzigen Situation Südtirols nicht glücklich ist. Dies stößt natürlich auf Bekenner zur Autonomie sauer auf, für die der Text zu provokativ ist. Auch rückt der Song Italien in kein positives Licht. Aber erinnern wir uns (immer an die selben) Beispiele von den Minderheiten Katalonier und Schotten: Deren staatliche Regierung ist in dieser Bevölkerungsgruppe auch nicht beliebt. Allerdings muss man sich bewahren diese Gruppierungen als nationalsozialistisch anzusehen. Im Übrigen versucht sich auch die gesamtstaatliche Italienische Partei "Lega Nord" vom Süden Italiens abzuspalten - und zwar aus rein wirtschaftlichen Interessen. Separatistische Bewegung findet man in Europa überall - Südtirol stellt da keine Ausnahme dar.

Das ist das Land der Vollidioten, die denken, Heimatliebe ist gleich Staatsverrat“. Diese Textzeilen interpretiere ich als Südtiroler, dass jede separatistische Bewegung Südtirols in Italien als Staatsverrat angesehen wird. Diese Bewegung sieht sich allerdings einfach nicht dem Italienischem Staat nahe, sei es kulturell, sprachlich und historisch. Sie sehen vielmehr das Unrecht, dass Südtirol nach dem 1. Weltkrieg von den alliierten Mächten an Italien angegliedert wurde.

Der Text distanziert sich außerdem von Rechts- als auch von Linksextremismus (Wir sind keine Neonazis und keine Anarchisten, wir sind einfach gleich wie ihr… von hier). Deutsche Kritiker werfen der Band vor sich nicht eindeutig von Rechtsextremismus zu distanzieren. Sie distanzieren sich nicht nur von Rechtsextremismus sondern auch von Linksextremismus. Die Geschichte hat uns gezeigt, dass beide Extremen Unheil bringen. Die politische Einstellung der Band kann man als konservativ einordnen. Will man dafür unbedingt Vergleiche mit einer politischen Partei, dann finden sich konservative bzw. rechtslastige Parteien in Südtirol und Italien, genauso wie in Deutschland, Amerika, Australien und in jeder ausgewogenen Demokratie dieser Erde wieder. Außerdem hoffe ich, dass der weitaus größte Teil der Bevölkerung weder Links- noch Rechtsextrem ist, und somit frei.wild sagen kann, dass sie einfach so „wie ihr“ sind.

Frei.wild „tanzt keinen Adolf Hitler und keinen Mussolini“. Dafür möchte ich wieder zurück in die Geschichte gehen. Als 1922 Mussolini an die Macht kam, wurde die Südtirolerische Bevölkerung von dem faschistischem Regime unterdrückt, wie bereits beschrieben wurde. 1933 kam Hitler in Deutschland an die Macht und als er nach und nach deutschsprachige Gebiete (noch vor dem ersten Weltkrieg, z. B. Österreich und Sudetendeutsche) ins Deutsche Reich eingliederte, hofften die Südtiroler, dass dies auch mit ihnen geschehen werde; verständlich – für eine Zeit der Unterdrückung. Hitler und Mussolini vereinten jedoch ein Abkommen, das die Südtiroler vor die Wahl stelle, entweder in das Deutsche Reich auszuwandern, oder in Südtirol zu bleiben, dafür allerdings "italianisiert" zu werden. Dieses Kapitel ging als „die Option“ in die Geschichte Südtirols ein. Südtirol sah sich von Hitler verraten und hatte und hat auch heute noch kein Grund weder den Faschismus noch den Nationalsozialismus zu verherrlichen. Außerdem stehen in Südtirol zahlreiche Denkmäler des Faschismus, die das Relief des "Duce" zeigen oder mit Inschriften, dass "Italien den Barbaren die Kultur gebracht hat", wie im Siegesdenkmal in Bozen. Für deren Instandhaltung werden Millionen von Euro zur Verfügung gestellt und Gedenkmärsche veranstaltet. Bei der deutschsprachigen Südtiroler Bevölkerung ist dies natürlich ein Dorn im Auge.

Die Textzeilen „die höchsten Leute im Staat beleidigen Völker ganzer Nationen und ihr Trottel wählt Sie wieder. Die Band beschreibt sich als unpolitisch (vielleicht auch von Medien dazu gedrängt), was hier nicht gewährleistet wird. Allerdings soll politisch nicht negativ zu verstehen sein. Auch äußerst linksorientierte Deutsche Bands, zum Beispiel die Toten Hosen, kritisieren das politische System seit jeher und in zahlreichen ihrer Lieder. Insofern sollte man hier Meinungsfreiheit geltend machen und nichts weiter. "Kreuze werden aus Schulen entfernt, aus Respekt vor den andersgläubigen Kindern" - eine von Kritikern viel zitierte Textstelle. In Italien gab es vor einigen Jahren die Diskussion, ob Kreuze in Schulen abgehängt werden sollen oder nicht - ähnliches auch in Deutschland. Man kann sich leicht vorstellen, dass diese Diskussion in einem urkatholischen Land wie Italien (und Südtirol) die Gemüter erhitzt hat. Ohne hier ein Urteil darüber zu fällen, sollte man für derartige Diskussionen offen sein, ohne der Gegenseite automatisch rechtsradikales Gedankengut zu unterstellen - auch bzw. vor allem, wenn dies im Rahmen von Rockmusik geschieht.

Schaut euch doch um, das Paradies auf Erden liegt hier mitten in den Bergen“. Südtirol wird in der Tat von vielen Einwohnern (und auch Besuchern) als Paradies gesehen. Auch die Reihe ZDF-History „Kampf um Südtirol“,  beginnt die Reportage mit "Südtirol - ein Paradies in den Bergen“. Kein Wunder, dass Südtiroler stolz auf ihre Heimat werden.

Weiter geht’s im Text: „jeder Volksmusikant tritt live im Fersehen auf, singt über das gleiche Thema, doch da fällt’s keinem auf“. In der Tat singt auch die Südtiroler Volksmusikgruppe „die Kastelruther Spatzen“ auch im Lied „Südtirol“: Südtirol – Du mein schönes Heimatland, Südtirol – auf Dich sind wir stolz […] Südtirol – Du mein Alpenparadies, überall vom Berg bis ins Tal […] so wird es immer sein – teure Heimat mein.

2 Kommentare:

  1. Es ist schon traurig, dass man in der heutigen (angeblich offenen und reiferen) Zeit immer höllisch aufpassen muss, was man sagt. Gerade in Deutschland (ich bin Deutscher) muss man aufpassen. Sehr schnell wird man als Fremdenfeindlich abgestempelt. Selbst dann, wenn man nur seine Bedenken zum Ausdruck gebracht hat.
    Ich war anfangs bei dem Thema Frei Wild auch skeptisch. Doch mittlerweile bin ich auch davon überzeugt, dass die Band NULL rechts orientiert oder gar extrem ist. Es kann doch nicht sein, dass man in der heutigen Gesellschaft nicht mehr offen sagen darf, dass man stolz auf seine Herkunft ist ohne gleich in eine Ecke geschoben zu werden.

    Ich finde es gut, dass du diesen Artikel verfasst hast!

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